Samstag, 15. Dezember 2007

Auftragsarbeit

Die Mitbewohnerin sagt, ich soll mal über unsere "Fenstersituation" schreiben wenn mir nichts Besseres einfällt. Da dem so ist, beschreibe ich jetzt unsere Wohnsituation, die seit nunmehr 3 Wochen mächtig an eine Kulisse für einen Nachkriegsfilm im zerbombten Berlin erinnert, der on location gedreht wird.
Schon einen Termin zum Fenstereinbau mit der sympathischen, aber irgendwie inkompetent erscheinenden Bauarbeitergruppe aus einem befreundeten östlichen EU- Nachbarland auszumachen, erwies sich als schwierig. Es wurde stets geklingelt während die Mitbewohnerin noch ruhte und ich im Nachthemd vor dem Sat 1 Frühstücksfernsehen Kaffee trank, also in einer gänzlich ungünstigen Tür- Geh- Situation, die sich dann konkret so darstellte:

Fenstermann: *Klingel* (hinter einer papiernen Wand)
Ich : *Erstarrend Ton vom Fernseher ausmachend und möglich lautlos weiter am Brötchen kauend*
Fenstermann: s.o.
Ich: s.o.

Das ging ungefähr 5mal so, währenddessen ich stets die Hoffnung hegte, man möge sich an die allgemeinen Geschäftsbedinungen des gesunden Menschenverstandes halten und vielleicht mal etwas SCHRIFTLICHES da lassen, dass es der Mitbewohnerin und mir gestatten würde, nicht zwischen Tür und Angel zu besprechen wann wir dann mal Zeit hätten, unsere halbe Einrichtung in Schränke zu verfrachten und uns dem Herausstemmen maßgeblicher Wandteile zu stellen.
Irgendwann ging ich dann doch mal zur Tür, ich war sogar bekleidet, schwatzte dabei dem Fenstermann eine Visitenkarte ab und kurze Zeit später ward ein Termin zur halbwegigen Zerstörung unserer Wohnung gefunden. Die Mitbewohnerin erklärte sich, großzügig wie sie ist und nach nur kurzer verbaler Auseinandersetzung dazu bereit, die Bauarbeiter und ihr Verhalten gegenüber unser beider Technikimperien zu überwachen bzw. für Fragen á la "Brauchen se det Thermometer noch?" in der Wohnung zu verweilen während die Herren unsere Fenster mit schwerem Gerät aus der Verankerung zu schlagen gedachten.
Ungefähr eine Stunde nach Beginn der Baulichkeiten erreichte mich eine etwas verwzeifelt klingende SMS:
"Die Herren Bauarbeiter haben mich quasi rausgeschmissen. Gehe jetzt auf Arbeit."
Ich war nicht zufrieden. Offensichtlich hatten die fleißigen Fensterfuzzis der Mitbewohnerin erfolgreich das Verlassen der Wohnung nahegelegt, mit so fadenscheinigen Argumenten wie "Wir sind in allen Zimmern gleichzeitig, da sind sie nur im Weg."
In einem letzten Versuch, Souveränität über den eigenen Wohnraum zu wahren, hatte die Mitbewohnerin immerhin noch das Versprechen abnehmen können, dass die Typen hinter sich (und ihren mutmaßlichen Diebstählen) die Tür abschließen würden und ihnen dafür den Zweitschlüssel aufgedrängt. Ausgehend von den bis dahin auftretenden Kommunikationsproblemen ging ich auf dem Heimweg nicht mehr davon aus, sowohl Fenster als auch Einrichtungsgegenstände in der Wohnung vorzufinden.
Ich wurde eines besseren belehrt, was sich allerdings angesichts des ungefähr 23 centimeter dicken Staubfilms, der sich über die gesamte Wohnung gelegt hatte, nicht unbedingt in Jubelschreien äußerte. Meine ohnehin schon verhaltene Freude versiegte dann gänzlich, als ich die Fenster genauer betrachtete: Sie waren zwar neu, jedoch auch ohne Dämmung und nur nptdürftig mit dem Zeug, das aussieht wie Instantkartoffelbrei, verschäumt. Nichts aber konnte den Anblick der fehlenden Fensterbänke ersetzen, die nacktem Mauerwerk und somit einem Direktzugang zu Straßengeräusch und Außentemperatur Platz gemacht hatten.
Als ich in jener Nacht einschlief, wähnte ich mich auf einem Zeltplatz in der sächsischen Schweiz oder sonstwo, wo marodierende Jugendliche nachts vor deinem Bett auf und ab paradieren und sich dabei einander Prügel androhen.
Besonders problematisch erschien uns aber vor allem das Fehlen eines Fenstergriffes am nun sehr großen, aber eben abgesehen von der Funktion "Durchgucken" völlig unbrauchbaren Küchenfensters, das eigentlich als Balkontür gedacht worden war und somit bis zum Boden reichte.
Das Fehlen einer Dunstabzugshaube hatte uns bis dahin dank des hoffnungslos maroden Altfensters in der Küche niemals gestört: Der ganze Mief (und alles, was man sinnloserweise in der Küche heizte) war nämlich nach spätestens einer Nacht verschwunden gewesen.
Diesen halbgaren Vorteil jedoch konnte die neue Fenstertür nicht mehr bieten und so drängte sich am nächsten Morgen quasi natürlich der Gang zu den Fensterdilettanten auf, die ihr schreckliches Werk schon in der nächsten Wohnung fortsetzten.
Im Nachinein muss ich sagen, dass ich während dieser knallharten Verhandlung um Fenstergriff und Verputzung wohl mit meinen eigenen Waffen geschlagen wurde: Ablenkung vom Thema und den (berechtigten) Forderungen des Anderen mittels Fragen nach Dingen, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Thema zu tun haben.
Ich: "Ja, äh, ich wollte mal fragen, wann Sie dann zum Verputzen vorbeikommen wollen...es ist ziemlich kalt in der Wohnung und außerdem müssten wir auch einen Griff für die Balkontür haben, zum Lüften."
Fenstermann: "Mhm...kann nicht sein, dass kalt ist...haben verschäumt. Kennt ihr Frau von Erdgeschoss?"
Ich: "Äh...nein. Wieso?"
Fenstermann: "Sagt, sie würde euch kennen. Kennt wirklich nicht?"
Ich: "Nee, aber wir müssten nochmal über den Fenstergriff reden...."
Fenstermann: "Niemand kriegt Griff solange Fassade nicht ist und Gitter."
Ich: "Und wann wird das sein? Doch bestimmt noch vor Weihnachten?"
Fenstermann: *heftiges Kopfschütteln, gefolgt von Schulterzucken"
Ich: "Januar?"
Fenstermann: "Ist zu feucht. Wohl Frühling."
Und damit war unser Schicksal als miefende, kalte und mit Mauerwerk und Staub im Boudoir leben müssende WG am Rande des Nervenzusammenbruchs besiegelt.
Es ist nicht schön, eine Stunde bei -3 Grad alle möglichen Fenster aufzureißen um die Geruchsspuren des Garnelenessens am Vorabend auszumerzen und dann halb erfroren zu bemerken, dass diese Reinhold-Messner-Abendbeschäftigung ohne Erfolg blieb.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ich finde das tragisch. aber wo sind fotos? ich will fotos!

der kartoffelbrei heißt übrigens bauschaum.

Anonym hat gesagt…

Die Strandmutti sagt: Mietminderung!!!

Ich bin dafür! Macht es einfach! Was habt Ihr zu verlieren?

Das Geld könnt ihr dann in Cornwall mit vollen Händen ausgeben.

Anonym hat gesagt…

Das würde ein weiteres anstrengendes Telefonat mit der gänzlich uninformierten Hausverwaltung vorraussetzen...die wissen, glaube ich, nicht mal, dass die Bauarbeiten noch andauern. Damnit. Und Fotos gibt es nicht, da ich mich seit Jahren erfolgreich einer Digitalkamera erwehre. Bösartige Menschen behaupten, ich würde mich stattdessen stets auf die Fotografien derer, die eine Kamera nutzen, drängen und später z.B. 2455 APS-Fotos nachbestellen, die ich dann nicht bezahle. Hierzu stelle ich fest: Das ist gelogen!

Anonym hat gesagt…

Ich bin zwar kein Anwalt, aber das würde ich nicht per Telefonat klären. Einfach ein Schreiben aufsetzen und Miete eigenmächtig senken ... es gibt da ja so prozentuale Vorschläge vom Mieterbund, oder so.

Außerdem kann ich gerne mit meiner Kamera bei Euch vorbeikommen.

Lösung B: Trinkt einfach mehr Alkohol! Das wärmt...

Anonym hat gesagt…

ich glaube aber auch, dass eine einstweilige mietminderung drin sein MUSS. schließlich scheint ihr ja auch jede menge heizenergie durch die nackten wände zu schießen und erhöht somit eure nebenkostenrechnung. da muß doch was gehen!

Anonym hat gesagt…

es gibt neuigkeiten. labonette hat heute morgen äußerst souverän einen termin für morgen 8h für die fensterbankmontage verabredet.
nun war ich heute, entgegen meiner sonstigen gewohnheiten, relativ pünktlich dabei die wohnung zu verlassen, als es wieder klingelte. einer der poln. bauarbeiter stand vor der tür, bewaffnet mit einem schmierzettel und einem zollstock. was soll ich sagen, er hat äußerst stümperhaft die maße für die fensterbänke genommen... ich bin sehr skeptisch. v.a. weil der gute, nachdem er fertig war, von seinem chef zusammengeschissen wurde, hektisch zurückkam und nochmal gemessen hat.