Mittwoch, 25. April 2007

An einem Sonntag im April

...saß ich 3 Stunden an Bord eines Ausflugsbootes, das von einem sadistischen Fantasie- Marine-Offizier in Fantasie-Marine-Uniform terrorisiert wurde aber ansonsten sehr schön war, holte mir dabei einen Mördersonnenbrand im Gesicht und versuchte mehrfach vergeblich, das Schiff zwecks eines Erholungsspaziergang zu verlassen. Meine Entourage, die alles beobachtet hatte (weil sie dabei war bzw. mir die Bootsfahrt als Zeichen ihrer Ergebenheit geschenkt hatte), war genauso schockiert wie ich, dass man bei der Müggelseefahrt keinen Landausflug machen kann, ohne sich auf einen circa 30sekündigen Halt und das sofortige von- Bord- springen vorzubereiten bzw. ohne mit einem vergeblichen Warten auf das nächste Boot in the middle of Köpenick rechnen zu müssen. Zum Trost zeigte ich ihnen stolz das neue Eiskaffee in meiner Straße, dessen Neueröffnung meine Eltern zu einem besorgten Kopfschütteln und der Bemerkung "Aber da fährste ja wohl nich auch noch mit dem Auto hin, oder?" veranlasst hatte. Das Wissen, für immer mit der Eiscreme um meine Zuneigung buhlen zu müssen hat sie so verbittert. Aber so traurig dies auch ist, ist es kein Grund, nicht noch ausführlicher über das Eiscafé zu berichten. Die große Inneneinrichtungs-Tradition der 90er Jahre mit ihrer Pastellfarbenen- Dekor, den Chiffonschals vor den Fenstern sowie
Holzpaneele in rauhen Mengen hebt sich wohltuend von den Alternativeis- Etablissements des restlichen Viertels ab, wo es einem schon mal passieren kann, dass Menschen, die man früher treffend als "Gammler" bezeichnet hat, mit Gitarre und Kräuterzigarette nach Soja- Eis, Lactosefreien Halbgefrorenen oder anderen Loser-Leckereien fragen. Meine Antwort für diese Art von Idiotie ist folgende: Wenn ihr keine Milch vertragt und Zucker als größten Menschheitsschurken anseht, dann esst einfach keine Eiscreme! Besudelt nichts das köstlich- cremige Milchspeise-Erlebnis mit euren gar lächerlichen Befindlichkeiten!
Das schönste am Eiscafé an der Ecke ist aber, dass man von dort aus einen wunderbaren Ausblick auf die Obdachlosen am Platz hat, die sich ab der Frühjahrszeit für ungefähr 9 Monate dort versammeln, um Tischtennis zu spielen, ihre Hunde anzuschreien, zu betteln und sich zu betrinken. Wenn man viel Glück hat, wird man Zeuge von Kommentaren wie folgenden: "Ich spiele mir ja auch ab und zu am Puller herum, aber ich gehe auch wenigstens ARBEITEN!". Dieser Satz wurde geschwind von allen Umstehenden und Eiscafé- Gästen als Highlight des Sonntags deklariert und findet als solches also auch Eintrag in die hall of Alltagsfame, als die ich diesen Blog anmaßenderweise gerade bezeichnen möchte.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ich wünschte, das ES ausm erdgeschoß würde auch mal solche epochalen sätze sprechen. aber da liegt ja der hase im pfeffer: ES kann kaum reden.

Juliane Leopold hat gesagt…

Kommentieren schön und gut, aber was war heute mit deinem Dozentenfreund der Dunkelheit? Wo waren sie, als er über Hill Street Blues sprach?

Anonym hat gesagt…

ja, ich liebe morsch, kenne aber KEINE EINZIGE SERIE, von der er spricht. ich möchte doch nicht jeden mittwoch neue pflanzen kaufen müssen...

Anonym hat gesagt…

Ach, aber Akte X kennste doch ooch! Und dass die Serien, über die er spricht, keiner kennt, ist doch der Sinn des Seminars! Er wills mit uns sein Herrschaftswissen teilen! Zu diesem Zweck schauen wir amüsante Ausschnitte aus aktuellen US- Serien. Auf keinen Fall darfst du verpassen, wenn Andy Bundy über "Denver Clan" und queer-heit spricht.

Anonym hat gesagt…

Besonders schön am neuen Eiscafe finde ich die Kiezhexe, die es betreibt.

Erinnerst Du Dich daran wie sie uns ganz stolz ihre neuen Lampen präsentierte? Was soll ich sagen, ich habe die Lampen kurz darauf wiedergesehen ... beim Thailänder meines Vertrauens!

Ich werde es der Kiezhexe verschweigen, denn es würde sie zerstören...

Juliane Leopold hat gesagt…

Es ist gar nicht die richtige Kiezhexe sondern nur eine Frau, die ihr sehr ähnlich sieht und jetzt das Lokal der echten Kiezhexe betreibt. Abgesehen vom Übergewicht und den roten Haaren haben sie NICHTS gemein! Jetzt, wo ich über sie spreche, brauche ich sofort ein Meloneneis.