Mittwoch, 30. Mai 2007

Tage wie dieser

TV- Serien sind etwas wundervolles. Ich persönlich habe ihnen einen Großteil meines Lebens gewidmet. Umso dankbarer war ich, als am Institut meines Vertrauens am Rande der Stadt ein reales Hauptseminar dazu angeboten wurde. "Endlich normale Menschen!" dachte ich beseelt, als in der ersten Sitzung die anderen Teilnehmer genauso glasige Augen wie ich kriegten, als sie sich zwecks eines Referats für eine ihrer vielen televisuellen Zeitfress- Affären entscheiden sollten. Ich entschied mich nach langen Ringen für eine Auswahl von drei Favoriten, was, wie ich nach einem kurzen Blick auf das Mädchen in der Liste vor mir, als durchaus bescheiden durchgehen konnte. Sie hatte fünf Serien aufgeschrieben.
Nach der Anfangseuphorie musste ich einsehen, dass das Seminar sich zu dem entwickelte, was zu befürchten war: Ein Jahrmarkt der Nerds und Geeks, eine Art Star Trek Convention ohne Prominente, eine einzige Nervenzusammenbruchsbeschleunigungsmaschine.
Dies zeigte sich am deutlichsten in der letzten Woche, als einer der geschätzten Kommilitonen eine ungefähr 60 minütige Inhaltsangabe seiner Lieblingsserie "Babylon 5" zum Besten gab. Ich nenne es "schamloses Ausnutzen erzwungener Aufmerksamkeit, die der Typ wahrscheinlich bis zu einem absehbaren Amoklauf seinerseits nie wieder erfahren wird", er nannte es "Referat".
Nicht zuletzt Flaschen wie ihm hat man es nun zu verdanken, dass der gesamte Seminarplan hängt und mein großartiger Beitrag zu ästhetischer Innovation in CSI (über die Heißheit Gil Grissoms durfte ich leider nicht sprechen) heute dem furchterregenden Gestammel einer ungefähr 12jährigen zum Opfer fiel, deren Referat über das unverhohlene Antifeminismus- Vehikel "Desperate Houswives" mit Sätzen wie: "Ich kann leider nur über die erste Staffel sprechen, die zweite habe ich nicht gesehen, da hab ich einen neuen Job in der Oper gekriegt." eingeleitet wurde.
Und das in einer Veranstaltung, die relativ unverhohlen den Vorteil illegaler Downloads und die Veränderung von narrativen Strukturen durch DVD- Verwertungen thematisiert. Kurzum: Ich wurde das Opfer einer Idiotin. Schon wieder.
Um den Grad ihrer Dumpfheit zu demonstrieren, hier ein paar Zitate aus ihrem Profil im StudiVZ, der nationalsozialistischen, ich meine deutschen Version des Facebooks:

Über sich selbst:
Ich mag: -"Türkisch für Anfänger" gucken und dabei laut lachen-keine Socken tragen müssen-Erdbeerbowle im Volkspark Rehberge trinken-meine coole neue Sonnenbrille-Adventskalender bastelnIch hasse: -die Drehtür in den Potsdamer Platz Arkaden-dass jemand im KaDeWe meinen Hut geklaut hat-dass man nach dem Knoblauchessen ganz furchtbar stinkt-unfreundliche Busfahrer-den Geruch im Damenklo im 2. RangIch bin:"Terrorkrümel", Little Miss Chatterbox, "Drama Queen", 40-Paar-Schuh-Besitzerin, "uncoole große Schwester", Shopoholic, "Zicke", Ohrring-Fetischistin, Klugscheißerin, kleines Chaoskind, Wasserflaschen-nicht-zudreherin, Haribofan


Aber es kommt noch besser: Sie behauptet, auch lesen zu können:

Lieblingsbücher:
The Queen and I, The Princess Diaries, alles von Nick Hornby , Als ich ein kleiner Junge war, englische Weiberromane, in denen die Frauen im Medienbereich arbeiten, sich immer im Pub besaufen und viel Sex mit vielen schönen Männern haben


Ernsthaft.
Und das alles, nachdem ich bis heute nacht um 2 vor einer etwas rumpligen, aber selbstgemachten CSI- Ich-zeig-euch-mal-was-ich-mit-meinem-großartigen-neuen-Rechner-machen-kann-DVD-Collage gebastelt hatte. In Anbetracht meiner nicht- vorhandenen Technik-Affinität ein wahres Wunderwerk. Bei aller Schwierigkeit beim Zusammenstellen der DVD hätte ich jedoch wohl kaum, wie mein idiotisches Surrogat in Kinderform heute, die Fernbedienung des DVD- Players in Richtung der LEINWAND gehalten zwecks Aktivierung der Szenen. Darüber hinaus erheiterte sie die Anwesenden auch mit einem Referat, das es in puncto Wissenschaftlichkeit mit jeder TV- Movie- Inhaltsangabe hätte aufnehmen können.
Getopt wurde das Trauerspiel nur noch durch ihre Stimme, die, gerade bei Aufregung, schnell in Richtung Minnie Maus kippte. So in etwa sah sie auch aus. Ein Standard, den es nächste Woche zu halten gibt, falls ich mich mit meinem großartigen Referat irgendwo zwischen die blassen Buffy- Verehrer und die nicht- nachvollziehbaren Ehrerbietungen für Sarah Michelle Gellar schieben kann. Keep your fingers crossed.
Hier noch das Zitat des Tages von Minnie "Geschlechtskrankheiten sind überbewertet" Maus:
"Ich hab die Serie [Desperate Houswives] meinem Freund gezeigt und der meinte so: "Hä? Ist doch gar nisch lustig!"
Der Rest ist Schweigen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

puh, gottseidank war ich nicht da. nächste woche aber sei meine anwesenheit gewiß.

Anonym hat gesagt…

und ick mach mir hier sorgen dat dat mit der technik bei dir net klappt und warte auf nen sos-anruf... nee, nee! ;o)

freu mir dass du alles alleine hingekriegt hast. ja, ja arbeiten am computer sind schon eine elende bastelei, vor allem wenn man höhere ansprüche hat.

apropo computer: mein interview-kurs scheint vor dem blackboard zu kapitulieren. ich geh da jetzt morgen hin um mit echten menschen echte terminabsprachen zu treffen.

Anonym hat gesagt…

Das würde ich nach dem right kerfuffle auch so empfehlen. Ich hätte dich noch angerufen, es war aber alles ziemlich hektisch (bis um 2 am Rechner, dann morgens noch mal bis 13 Uhr und dann schnell zum CopyShop hetzen, wo man mir mitteilt, man könne mein Format nicht lesen. WTF?). Meld mich nachhher mal.