Mittwoch, 13. Juni 2007

Ich hasse die Wirklichkeit, aber sie ist der einzige Ort, an dem man ein gutes Steak bekommt.

OK, die Ignoranz gegenüber meinem leicht manischen letzten Post, der ausschließlich der Ehrerbietung David Walliams gewidmet war, bringt mich dazu, mich wieder realeren Situationen zu widmen in meinem kleinen, feinen Blog der schleichenden Verbitterung, auch wenn ich es immer wieder gerne mit Woody Allen halte, dem charmanten Päderasten, und ihm dementsprechend den heutigen post- Titel entwendete.
Sonntag Nacht war es wieder mal soweit: Mein Auftritt in "Verstehen Sie Spaß?" stand an, nur leider ohne das Enthüllen der Kameras am Ende und auch Kurt Felix wae nicht zu sehen. Das war im Grunde genommen auch sehr gut, schließlich war Ort der Handlung mein Bett bzw. das offene Fenster darüber (Notiz an mich selbst: Bereue das Auslassen der Möglichkeit, eine anzügliche Bemerkung über Harald Schmidt gemacht zu haben).
Gegen 2 Uhr, ich war gerade mit dem bitteren Gedanken an die Affenhölle und der Hoffnung auf wenige Stunden Schlaf weggenickt, als es klingelte, immerhin nicht in meiner Wohnung, jedoch bei der Nachbarin nebenan oder unter uns, was für den Fortgang der Geschichte inhaltlich keinen Unterschied macht, beide wirken nicht so, als würden sie Wert auf Unterscheidbarkeit legen.
Das Haus ist so alt, dass man die Klingel immer hört, egal, bei wem sie geht, was insofern noch schlechter als ohnehin vermutet ist, da es sich bei dem geheimnisvollen nächtlichen Störer nicht um die übliche Besoffenen-Klientel handelte, die die Haustüren verwechselt beziehungsweise das Klingelschild als Kopfkissen benutzen möchte sondern um einen etwas komplizierteren Fall.
Innerhalb der nächsten 30 Minuten klingelte der Typ (ich glaube kaum, dass, abgesehen von Courtney Love oder meinetwegen auch Amy Winhouse eine Frau zu solch asozialem Verhalten fähig wäre, wobei die Geschlechterzuschreibung in diesen Fällen ja auch eher gerüchteweise erfolgt ist) circa 10 Mal, immer genau dann, wenn ich mich gerade entschieden hatte nicht das Fenster komplett aufzureißen und Gegenstände auf ihn zu werfen, da ich dachte, er sei verschwunden.
Dies war leider nicht der Fall und der Umstand, dass seine Angebetete irgendwann ihren Widerstand aufgab und das Fenster aufriss, um eine circa 10 minütige Beziehungsdiskussion mit ihm zu führen, machte die Sache für mich nicht besser.
Es folgte ein Dialog, entstanden in den Hirnen wahnsinniger, armseliger, melodramatischer Schmierendarsteller, die mit Sicherheit seit 10 Jahren nicht mehr morgens um 8 Uhr augestanden sind:
Sie: "Was solln des hier?"
Er: "Ja, ich weiß, ist voll kacke und so, aber ich will das jetzt mit dir klären."
Sie: "Da gibts nichts mehr zu klären, komm man klar und verpiss dich."
Man sollte meinen, diese Anweisung sei klar zu verstehen, selbst für einen Feind des Verstandes, wie es dieser Typ mit Sicherheit war.
Aber nein. Er wollte die Sache hier und jetzt ausdiskutieren. Und warum auch nicht? Nur weil es nachts war, brütend heiß und alle im Haus die Fenster aufhatten weil sie sonst verdammt noch mal ersticken wären? Warum nicht diese Tatsache ausnutzen und alle dazu zwingen, pubertären Beziehungsscheiß beizuwohnen?
Er: "Ja, wie jetzt, und das wars dann oder was? Und alles vorbei nach 2 Wochen oder wie?"
Sie: "Das hat ja mit 2 Wochen nichts zu tun."
Rührend, wie ein besserer One- Night- Stand sich in den Händen irrelevanter Freaks zu Stoff einer Vorabend- Serie entwickeln kann.
Mit all der Autorität, die ich übermüdet und sauer aufbringen konnte, tat ich schließlich das einzig richtige: Ich schloss mein Fenster, dabei sicher gehend, viel Wut in die Bewegung zu legen. Die Alternative, das Fenster weit aufzureißen und die Trottel mit ihrer Gemeinheit zu konfrontieren, unterließ ich bewußt. Erfahrungswerte: In solchen Situationen schließt sich der Pöbel gern zusammen um gegen den gemeinsamen Feind, in diesem Fall mich, zu opponieren. Und Zusammengehörigkeitsgefühl bzw. das Auftreten als Paar, egal wie dysfunktional, gönne ich nunmal nur netten Menschen.
Und auch dort nur schwer (David Walliams, deine Affären mit Unterwäsche- Models sind sehr traurig).
Es kam, wie es kommen musste: Gerade, als ich wieder am wegnicken war, klingelte es erneut. Und diesmal ließ die Tussi ihn rein.
Soviel zu schlechten Filmen und ihren noch furchtbareren Plagiaten.
Noch eine schöne Geschichte in aller Kürze:
Als ich heute mein Auto einparkte, bemerkte ich ein paar spielende Kinder auf dem Bordstein hinter mir, gegen die ich solange nichts einzuwenden hatte, bis mir einfiel, wie ich erst kürzlich eines von ihnen an den Autos in genau der Straße, wo ich parkte, gesehen hatte, wie es mit seinen cola- verklebten Händen an die parkenden Autos gegangen war um die "Marken" per Tasten zu erraten. Ich war nicht zufrieden. Misstrauisch, aber unauffällig, beäugte ich das Quartett der 8- 10jährigen, immer darauf gefasst, dass sie im nächsten Moment ihre Brüder der 3. Generation rufen würden, wenn ich Augenkontakt hielte.
Meine Vermeidungstrategie hatte leider keinen Erfolg: Ihre Anführerin, eine ruchlose 8jährige in einem rosa Kleid, sprach mich an:
"Du, haste mal 2 mal 20 cent für uns?"
Unschlüsslig, ob ich gerade Opfer eines Überfalls, agressiven Bettelns oder Zeuge eines semi- niedlichen Kinder/Erwachsenen- Gesprächs wurde, beschloss ich, noch mal nachzufragen.
"Wofür braucht ihr das denn?"
Die Anführerin : "Wir wollen uns so einen Kaugummi haufen *zeigt auf einen sehr abgefuckt- wirkenden, prähistorischen Kaugummiautomaten an der Hauswand links* und unsere Eltern geben uns kein Geld dafür."
Da ich Süßwarenkonsum ab dem frühesten Alter stark unterstütze (Ausschalten späterer Konkurrenz), entschied ich mich, generös zu sein, und der Bettelei nachzugeben.
"Hier, aber ich hab nur einmal 20 cent."
In einer besseren Welt hätte das Kind sich freundlich bedankt und freudestrahlend einen Kaugummi aus dem Automaten gezogen. Dann wäre es vielleicht nach Hause gegangen, hätte seinem patriarchischem Familienclan erklärt, es wolle auch eine nette Erwachsene mit Auto und Einkaufstüte werden und nicht mit 13 verheiratet werden, wäre nach harter Arbeit und 20 Jahren zunächst Bezirskbürgermeisterin und schließlich erste Bundeskanzlerin mit Migrationshintergrund geworden. Beispielsweise.
In der realen Welt passierte dies:
Das Kind nahm wortlos die Münze, steckte sie in den Automaten, drehte (unter den Anweisungen ihrer Roller- Gang) das verrostete Rad und entnahm eine Kugel, in der der Kaugummi wohl drin zu sein hatte. Enttäuscht starrte sie die Kugel an:
"Aber ich wollte die Blaue."
Ich schluckte das altväterliche "Und was sagt man?" runter, teilweise, weil ich ahnte, dass die lieben Kleinen gar nicht gewußt hätte, worauf ich so säuerlich anspiele.
Soviel zu täglichen Zumutungen in der schlechten Welt, die wir Realität nennen.
Niemand sollte sich wundern, dass ich mich einem 2 Meter großen, sexuell- orientierungslosen, nichtsdestotrotz promiskuitiven Komiker zuwende. If only I lived on Primrose Hill!

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh Mann, wie penetrant. Eine Beziehungsdiskussion am Fenster. So was hatte ich noch nicht. Bei uns gibt es immer nur die Euch bereits bekannten betrunkenen Herumwanderer und die Freier, die in den Puff gegenüber wollen ... und Gruppen männlicher Jugendlicher, die ein Foto vor dem Puff gegenüber wollen.

Liebste La Bonette, ich hoffe das mit der kleinen Rosa-Kleid-Gang war Dir eine Lehre... das ist so wie jedem Fremden willenlos eine Zigarette zu überlassen. Einmal is es okay und man verspricht sich vielleicht nen sozialen Kontakt, aber man wird sofort enttäuscht und bereut es jedes sich wiederholende Mal. Scheiß-Schnorrer...

Zu David "Sexgott" Walliams: Deine Besessenheit ist total verständlich und auch der Wunsch in Primrose Hill zu leben ist völlig normal ... I think.

Anonym hat gesagt…

ich liebe dich. wollen wir heiraten?

Anonym hat gesagt…

Mein erster Antrag! Oder Factory Girls erster Antrag?

Anonym hat gesagt…

Das habe ich mich auch gefragt ...